top of page

Die prekäre Lage der Immobilienfinanzierung von Entwicklungsprojekten in der Schweiz – wohin führt diese Entwicklung?

  • Autorenbild: Jan Würgler
    Jan Würgler
  • 11. Nov.
  • 3 Min. Lesezeit


ree

Der Schweizer Immobilienmarkt befindet sich derzeit in einer Phase tiefgreifender Veränderungen. Und diese Veränderungen haben weniger mit der Nachfrage nach Renditeobjekten zu tun, sondern in erster Linie mit der Finanzierung. Während regulatorische Verschärfungen schon seit Jahren zusätzlichen Druck erzeugen, zeigt sich inzwischen ein weit gravierenderer Trend: Immer mehr Banken vergeben kaum oder gar keine Kredite mehr für Entwicklungsprojekte. Damit verliert ein Markt an Breite, der früher von einer vielfältigen Mischung aus privaten Investoren, Entwicklern und institutionellen Anlegern getragen wurde. Heute dominieren zunehmend wenige, sehr kapitalstarke Akteure.


Strengere Regulierung – ein Faktor, aber nicht der entscheidende

Belastungs- und Tragbarkeitsnormen, höhere Eigenmittelanforderungen oder strengere Amortisationsvorgaben erfüllen zweifellos ihren Zweck: Sie stärken die Stabilität des Finanzsystems. Für Investoren und Entwickler bedeuten sie jedoch gleichzeitig mehr gebundenes Kapital, eine geringere Hebelwirkung, weniger attraktive Projektkalkulationen und ein anspruchsvolleres Umfeld bei der Kreditprüfung. Diese Faktoren erschweren das Investieren aber sie sind nicht der Hauptgrund für die heutige Situation.


Der eigentliche Wendepunkt: Banken ziehen sich zurück

Der wohl deutlichste Trend der vergangenen 12 bis 18 Monate ist der Rückzug der Banken aus der Entwicklungsfinanzierung. Selbst solide Projekte mit guter Lage und konservativen Budgets erhalten vermehrt Absagen. Typische Rückmeldungen lauten: „Wir vergeben derzeit keine Kredite für Neubauprojekte“, „Wir fokussieren uns auf bestehende Liegenschaften“ oder „Unsere internen Limiten sind erreicht“. Besonders betroffen sind kleinere Institute, zahlreiche Kantonalbanken, Raiffeisenbanken und Häuser mit strengen internen Risikopuffern. Die Konsequenz ist eine massive Verknappung der Liquidität, nicht weil Projekte schlecht wären, sondern weil sie schlicht nicht mehr finanziert werden.


Profiteure dieser Entwicklung: Die ganz Grossen

Vom derzeitigen Umfeld profitieren vor allem sehr vermögende Einzelinvestoren, kapitalstarke Family Offices sowie Pensionskassen und Anlagestiftungen. Sie sind in der Lage, Projekte mit wenig oder ganz ohne Fremdkapital zu realisieren. Für private Investoren und mittelgrosse Entwickler wird der Zugang zum Markt damit immer schwieriger. Was einst ein dynamisches, durchmischtes Marktumfeld war, wird zunehmend weniger beweglich, weniger innovativ und weniger offen für neue Marktteilnehmer.


Langfristige Folgen

Rückläufige Transaktionsvolumen entstehen, wenn Kapitalflüsse verlangsamt werden. Die Folge sind weniger Käufe, weniger Verkäufe und längere Haltephasen. Viele Projekte liegen bereit – baureif und genehmigt –, kommen aber mangels Finanzierung nicht voran. In der Zukunft fehlen dadurch Mietwohnungen, neue Renditeobjekte und moderne, energieeffiziente Bauten. Dies verschärft den bestehenden Wohnungsmangel. Wenn nur noch kapitalkräftige Investorengruppen agieren, verändert sich auch die Preisbildung. Sie investieren mit längeren Horizonten und haben weniger Renditedruck, was zu stabilen oder steigenden Preisen führt – trotz schwieriger Finanzierungssituation. Gleichzeitig werden private Investoren, lange ein stabiler Pfeiler des Marktes, zunehmend verdrängt, sodass eine strukturelle Abhängigkeit von wenigen grossen Playern entsteht.


Wer sorgt künftig für Liquidität?

Nach heutigem Stand nimmt die Liquiditätsversorgung spürbar ab – und sie wird weiter sinken, solange Banken Entwicklungsfinanzierungen nicht wieder öffnen. Fremdkapital ist ein zentraler Motor des Immobilienmarkts. Ohne ausreichende Finanzierung geraten wesentliche Mechanismen ins Stocken: Umlaufgeschwindigkeit, Modernisierung, Weiterentwicklung des Bestands und Transaktionsfähigkeit.


Was es jetzt braucht

Banken müssen differenziertere Risikoprüfungen vornehmen und gut kalkulierte Projekte stärker unterstützen. Investoren sollten frühzeitig solide Finanzierungsstrukturen schaffen, alternative Modelle wie Mezzanine-Kapital, Club Deals oder Vorfinanzierungen prüfen und Partnerschaften mit langfristig denkenden Kapitalgebern eingehen. Entwickler sind gefordert, transparente Kalkulationen vorzulegen, konservativ zu planen, mehr Eigenmittel einzusetzen und ihre Finanzierungsstrategie frühzeitig zu definieren.


Fazit

Der Schweizer Immobilienmarkt steht an einem Wendepunkt. Die aktuelle Finanzierungslage gefährdet nicht nur die Vielfalt, sondern auch die langfristige Dynamik des Marktes. Sollte sich der Zugang zu Fremdkapital nicht wieder verbessern, droht ein strukturelles Liquiditätsproblem, das letztlich auch das Angebot an Wohn- und Renditeobjekten beeinträchtigt. Die zentrale Frage lautet daher: Wie lässt sich Fremdkapital zurück in den Markt bringen, ohne die Stabilität des Finanzsystems zu gefährden? Diese Diskussion ist notwendig und sie muss jetzt beginnen, bevor wichtige Teile des Marktes dauerhaft austrocknen.


ree

Wir bedanken uns für Ihre Kontaktaufnahme und stehen Ihnen gerne unverbindlich zu den Themen Immobilien und Hypotheken zur verfügung.


Jan Würgler

Gründer & CEO


+41 76 592 20 15


Affines AG

Grossmünsterplatz 1

8001 Zürich

 
 
 

Kommentare

Mit 0 von 5 Sternen bewertet.
Noch keine Ratings

Rating hinzufügen
bottom of page